Es gibt sie: Die Brücken zwischen Folk-Musik und klassischer Musik. Allermeist werden sie so gebaut: Ein klassischer Komponist entdeckt ein volkstümliches Motiv, ein Lied etc. und „bearbeitet“ es mal mehr oder weniger gelungen. Nicht schlecht gelang dies z.B. Joseph Haydn mit schottischem Liedgut (über 400 Bearbeitungen!). Weit seltener geht es den umgekehrten Weg. Legendäres Beispiel dafür ist in Folk Kreisen „Michael Turners Waltz“. Der englische Fiddler Michael Turner (1796-1885) machte 1842 ganz unbefangen - mit wirklich minimalen Änderungen - eine Mozart-Melodie (KV 536 No.2) zu seiner „eigenen“. Glücklicherweise gibt es in der Musikgeschichte eine Person, in welcher der Brückenschlag rundum gelungen ist: Jenny Lind (1820-1887), die „schwedische Nachtigall“, ein Opernstar des 19. Jahrhunderts, der kontinentübergreifend und wirklich von allen Gesellschaftsschichten – also nicht bloß vom Bildungsbürgertum - verehrt worden ist. Ihr „Fan-Kreis“ umfasste Musikgrößen wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Dichter wie Hans-Christian Andersen, königliche Hoheiten wie Queen Victoria aber eben auch Fabrikarbeiter in New York. Welcher heutige „Klassikstar“ könnte das von sich behaupten! Trotz ihres immensen Erfolgs vergaß sie – geboren als uneheliches Kind - doch nie ihre einfache Herkunft und war stets darauf bedacht, mit Ihrem erworbenen Vermögen wohltätige Zwecke zu unterstützen; nach zeitgenössischen Schätzungen mit immerhin einer halben Million Dollar! Besondere Kraftquelle war ihr auf allen Lebenstationen ihr christlicher Glaube. Eine Vertraute berichtete diesbezüglich, dass ihr Tränen in die Augen stiegen, wenn man mir ihr über Gott sprach. Ihren bis heute unumstößlichen Platz im Folk-Repertoire hat sie – ob in den Appalachen Nordamerikas, in England oder auf dem Kontinent - mit der legendären „Jenny Lind Polka“. Auch Khwaerthon. AB - Martins und Andreas zweites musikalisches Standbein - hatte diese mitreißende Nummer bereits erfolgreich im Programm. Sie stellt einen selten-gelungenen Brückenschlag vom klassischen in den Folk-Bereich dar. Der Violin- Virtuose Anton Wallerstein komponierte die Weise zu Ehren von Jenny Lind im Jahr 1845 und Folk-Musiker sind bis heute nicht müde, sie – wenn auch mitunter etwas vereinfacht und in vielerlei Variationen – zu spielen. Kein Wunder also, dass Jenny Lind auch für Jollicht ein echtes Idol ist! Stets hatte sie in ihren späteren Programmen skandinavische oder schottische Volkslieder im Programm. Und noch viel weniger Wunder ist es, dass sich im Folk-Archiv von Jollicht eine der ersten Notenausgaben der „Jenny Lind Polka“ von Anton Wallerstein – noch dazu mit einem recht hübschen Porträt der schwedischen Nachtigall auf dem Titel – befindet.
Schon ein schneller Blick auf Jollichts Repertoire zeigt, dass wir beide musikalisch schon sehr geprägt sind von sogenannter keltischer Musik aus Schottland und Irland und wir auch mancher schwäbischen Melodie in der Akkordbegleitung einen leicht „keltischen Sound“ verleihen. Natürlich gibt es auch in der Volksmusikszene (nicht nur in Deutschland!) bis heute „Puristen“, die solchen Veränderungen des vermeintlich „Echten“ höchst ablehnend gegenüberstehen. Aber tatsächlich war Volksmusik (nicht nur in Deutschland!) immer im Wandel und neue Instrumente, Tanzformen etc. kamen und konnten nach einer Weile auch wieder ganz schnell verschwinden. Ganz schlimm war und ist freilich die Meinung, dass nur ein „Eingeborener“ das Recht und die Fähigkeit habe, die Musik und das Lied seiner Region wirklich authentisch zu interpretieren. Das war z.B. in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine heftige Diskussion in den englischen Folk-Clubs. Aber nun zurück zum Thema „Schwäbische Folkmusik mit keltischem Einschlag“ wie es Jollicht mitunter praktiziert: Wer heute an Kelten denkt, dem fallen wohl meist spontan Asterix in der Bretagne, die Waliser, die Schotten und die Iren ein. Tatsächlich aber befanden wir uns hier in Schwaben bis 100 vor Christus im Zentrum gesamteuropäischer keltischer Kultur, die bis in die heutige Türkei reichte. (Man denke nur an den Brief des Apostels Paulus an die Galater; wohlgemerkt in Kleinasien!) Allein um Augsburg herum gibt es bis heute vier erhaltene keltische sogenannte „Viereckschanzen“, keltische Gutshöfe. Sehr gut erreichbar und dabei nahe an der schönen Gaststätte Peterhof, deren Besuch wir zwei Jollichter sehr empfehlen, ist die Schanze „Die Burg“ aus der sogenannten Spätlatenezeit, 100 vor Christus, also kurz bevor die Römer das heutige Schwaben eroberten. Man muss also nicht nach Irland, Schottland, Wales oder in die Bretagne reisen um keltische Relikte zu bestaunen. Sie liegen direkt vor unserer Nase. So wie z.B. die abgebildete original Keltische Tonscherbe, übrigens das älteste Objekt in Jollichts inzwischen legendärem Folk-Archiv. Nun wird man vielleicht meinen: „Nun ja, liebe Jollichter, das liegt aber doch schon 2000 Jahre zurück!“ Wir aber meinen: Was sind schon 2000 Jahre angesichts des Alters unseres Universums von 13,7 Milliarden Jahren! Natürlich wissen wir nicht, wie keltische Musik 100 vor Christus im schwäbischen Land rund um Augsburg geklungen hat. Aber bestimmt würden sich die keltischen Vindeliker (verewigt im römischen Stadtnamen Augsburgs „Augusta Vindelicorum“) freuen, dass wir musikalisch die Verbindung zu den heutigen Rückzugsgebieten keltischer Kultur in Schottland, Wales, Irland und der Bretagne hier in Schwaben aufrecht erhalten!
Europäische Folkmusiker können 2021 nicht an einem Jubiläum kommentarlos vorübergehen, das in direkter Beziehung steht zu einer erstaunlich reichen Quelle an Folk-Melodien und Volksliedern: Der 200. Todestag von Kaiser Napoleon am 5. Mai 2021. Jollichts Musiker maßen sich gewiss nicht ein abschließendes Urteil an, ob diese - natürlich bedeutende Gestalt der Weltgeschichte , mit Hegel zu reden „der Weltgeist zu Pferde“ – nun „Napoleon der Große“ oder doch nur ein egoistischer, menschenverachtender Diktator war. Was wir bezüglich dieser Frage aber deutlich erkennen können: Es hängt ganz vom jeweiligen Land ab, ob die volksmusikalische Ausbeute pro oder negativ für Napoleon ausfällt. Im überwiegenden Teil Deutschlands finden sich überwiegend verachtungsvolle Lieder zur Katastrophe seines Russlandfeldzugs 1812. Und wir wollen in keinster Weise abstreiten, dass die vielen bayerischen Soldaten (auch in unserer Heimatstadt gibt es für sie bis heute Gedenksteine) vollkommen sinnlos dem wahnwitzigen Plan Napoleons zur Eroberung Russlands geopfert wurden! Von den übrigen Lasten der jahrelangen napoleonischen Besatzung ganz zu schweigen. Geht man aber weiter nach Westen - in Richtung Rheinebene - so klingen die Lieder doch noch etwas anders. Da wird Napoleon zum Befreier vom deutschen Feudalismus, der Kleinstaaterei. Da wird er zum Schöpfer einer nun auch in Deutschland geltenden Gesetzgebung (Code Napoleon) in der alle Bürger – auch die jüdischen Mitbürger - gleiche Rechte und Pflichten erhielten. Die größte und positive folkmusikalische Quelle zu Napoleon gibt es freilich in Irland. Keine Frage: Sie setzten in ihn größte Hoffnungen auf Befreiung vom englischen Joch. Sehr empfehlenswert bis heute ist dazu die großartige CD der Sängerlegende Frank Harte aus Dublin, Titel: „My Name is Bonaparte“. Auch Jollicht würdigt 2021 in seinem Repertoire das Phänomen Napoleon mit dem Klassiker „Bonaparte´s Retreat“ in der Version von Fiddler Aly Bain. Und zu Jollichts Napoleon-Folkgeschichte gibt es natürlich aus dem Jollicht Folkarchiv einen wirklich exklusiven und seltenen Stich des Kaisers aus dem Jahr 1827!
Zu den absoluten „Lieblingstieren“ von Andreas (neben dem Weißstorch!) gehört der Fuchs, genauer der „Rotfuchs“ unserer Breiten. Martin war deshalb keineswegs überrascht, als ihm sein musikalischer Compagnon vorschlug, das allbekannte Kinderlied „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ als Instrumental ins Repertoire von Jollicht mit aufzunehmen. Es ist im besten Sinne eine Volksliedmelodie, zuerst erschienen im „Musikalischen Schulgesangbuch“ von Ernst Anschütz 1824. Was aber daran noch besser ist: Es lässt sich unheimlich gut mit Cross Picking Anschlagtechniken spielen und bietet enorme Möglichkeiten zu vielfältigen Variationen. Natürlich erschreckt zunächst die bedrohliche Botschaft der ersten Strophe ein harmoniebedürftiges Gemüt: „Fuchs, du hast die Gans gestohlen, gib sie wieder her! Sonst wird dich der Jäger holen, mit dem Schießgewehr.“ Aber: Kaum einer kennt die dritte, den Konflikt entschärfende Strophe: „Liebes Füchslein, lass dir raten, sei doch nur kein Dieb; nimm, du brauchst nicht Gänsebraten, mit der Maus vorlieb.“ Absolut dazu passend, präsentieren wir ein wirklich hochwertiges Bild aus dem Jollicht Folk-Archiv, das Andreas von einer hochbetagten Rieserin vor längerer Zeit als Geschenk erhielt: Ihr Großvater, ein Förster, rettete in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein elternloses Fuchsjunges und zog es erfolgreich auf. Zum Fototermin mit der Enkelin des Försters und dem hübschen Fuchsjungen possierten sogar die Dienst-Jagdhunde absolut friedfertig und gelassen! Was für ein schönes Friedensbild!
Folkmusikerinnen und Folkmusiker unserer Tage haben in der Regel (und glücklicherweise) wenig Scheu für sich Volksmusik aus aller Herren Länder zu entdecken und dann auch selbst zu spielen. Gute Melodien überqueren nationale Grenzen mühelos und bekommen in anderen Kulturkreisen mitunter wieder ein ganz neues Leuchten und mitunter überraschende Arrangements. Manchmal finden sich aber auch direkte Bezüge von Land zu Land, die man nicht erwarten würde; im folgenden Fall von Irland nach Bayerisch Schwaben. So jedenfalls geschah es jüngst Jollicht mit einer weitbekannten irischen Melodie des großen – leider blinden – Harfenisten Turlough O´Carolan (1670-1738). Eines seiner wunderbaren Widmungsstücke (eine eigene Gattungsform genannt „Planxty“) für Freundinnen, Freunde und Förderer komponierte er für Colonel John Irwin (1680-1752), County Sligo. „Planxty Irwin“ ist heute eine der bekanntesten O´Carolan Nummern, weltweit geschätzt und gespielt. Jollichts Musikanten entdeckten nun, dass es tatsächlich einen direkten Bezug von Colonel John Irwin zu unserer bayerisch-schwäbischen Heimat gibt, denn Irwin diente in der englischen Armee des Herzogs von Marlborough während des sog. „Spanischen Erbfolgekrieges“ (1701-1714) auf dem europäischen Kontinent. Und zwei der entscheidendsten Schlachten dieses unseligen Krieges wurden unweit Augsburg am Donauwörther Schellenberg (2.Juli 1704) und bei Höchstädt – Battle of Blenheim (13. August 1704) – geschlagen. Es waren zwei Siege, der mit den Kaiserlichen verbündeten englischen Armee, gegen die bis dahin ungeschlagene französische Armee des Sonnenkönigs Ludwig XIV und des mit ihm verbündeten bayerischen Kurfürsten Max Emanuel. Diese Siege beendeten die elende Besetzung, unbeschreibliche Drangsalierung und Ausplünderung der Augsburger Bürgerinnen und Bürger, vor allem durch die französischen Truppen. Wer sich ein authentisches Bild über die beklagenswerten Zustände unserer Vorfahren damals machen will, dem empfehlen wir die Lektüre von „Vollständige Geschichte der Stadt Augsburg von ihrem Ursprunge an“ vom großartigen, aus Kaufbeuren gebürtigen, Schriftsteller, Aufklärer und Publizisten Christian Jakob Wagenseil (1756-1839) in der letzten Auflage von 1871, S.262-286. Nach dieser Lektüre empfindet es Jollicht geradezu als Dankespflicht gegenüber John Irwin, Marlboroughs tapferen Mannen, so wie natürlich auch der legendären als Mann verkleideten Reitersoldatin Kit Cavanagh (1667-1739) dass „Planxty Irwin“ einen Ehrenplatz im Jollicht Repertoire erhält. Ein wirklich überzeugender musikalischer irisch-schwäbischer Brückenschlag!
Wie alle Jollicht Fans von Anfang an wissen: Unser Name Jollicht ist ein wirklich weltweit einzigartiges Dialektwort aus Meura in Südthüringen für „Kerze“. Als Martin und Andreas zum ersten Mal – auf den Spuren von Andreas Ururgroßmutter – 2020 dort waren hatten sie – trotz aller hochinteressanten Investigation - irgendwann auch einmal unbändigen Hunger. Hochbeglückt entdeckten sie beim berühmten Meuraer Haflingergestüt eine offene Restauration. Und was sehen sie auf dem Speisezettel: Ein Olitäten-Omelette. Nun muss man wissen, dass Andreas Urururgroßvater aus Meura Olitätenhändler war, also einer jener Europaweit bekannten Buckelapotheker, die – zu Fuß!!! - bis nach Wien oder Amsterdam ihre Thüringer Heilkräuter verkauften. Deshalb: Keine Frage für uns zwei; wir bestellten nicht die international bekannte Curry Wurst sondern ein original Thüringer Olitäten – Omelette! Eine goldrichtige Entscheidung! Bis heute schwören wir beide auf dieses fantastische – für Folkmusiker goldrichtige und stärkende – Gericht. Freilich ist die Beibringung von Thüringischen Kräutern etc. auch in unserer digitalisierten Gegenwart noch etwas mühsam. Deshalb empfehlen wir als Zutat zum Omelette das weit näher zu erreichende Altmühltaler 7-Kräuter Salz; zu bestellen unter www.kräutertree.de . Mit Ur-Steinsalz, Giersch, Spitzwegerich, Löwenzahn, Taubnesseln, Schafgarbe, Dost und Brennnessel lässt es geschmacklich keine Wünsche offen! Und natürlich empfiehlt sich dazu ein Vollkorn Toastbrot und nicht das eher ungesunde Weiße!
Folk Musiker/innen haben das Glück aus einem Riesenschatz an – meist – vergessenen Melodien und Liedern zu schöpfen. Neulich machten wir im Augsburger Morgenblatt vom 24. Februar 1846 (Wir lesen auch aktuelle Tageszeitungen!) Seite 1, die Entdeckung einer ganz reizenden „Schwäbischen Serenade“. Da die Frakturschrift der Zeitung für die meisten unserer Leser wahrscheinlich nicht mehr lesbar ist, hier der Text:
„Du wohnscht in meiner Bruscht,
Du guter holder Geischt,
der mir zur höchschten Luscht,
den Weg zum Himmel weischt.
Du bischt es, Allerbescht,
die jeder Dichter preischt,
so wie ein sanfter Wescht
gern um die Rose kreischt.
Ich hab nicht Ruh und Rascht,
wenn Du nicht bei mir bischt;
Ich wird mir selbst zur Lascht,
wo nicht Dein Wesen ischt.
Vor Deinem Fenster fescht
gefroren steh ich fascht;
darum laß ein, Du Bescht
den halberstarrten Gascht.
Leider haben wir zu diesem fabelhaften Text von Karl Herlossohn (1802-1849) noch keine zeitgenössische Melodie gefunden und müssen sie wohl irgendwann einmal selber machen. Bei einem weiteren Blick in den zwei Jahre später erschienen (für 10 Silbergroschen zu erwerbenden) Band „Musenklänge aus Deutschlands Leierkästen“ (Leipzig 1849) entdeckten wir aber neben dem selben Text ein wirklich anrührendes Bild eines schwäbischen Folkmusikanten, das wir Euch einfach nicht vorenthalten können.
Wer meint, dass es in Deutschland – außer der Irish Bouzouki – keine lebendige Cistertradition gibt, der irrt gewaltig. Die derzeit lebendigste Cister Spielszene gibt es um die Thüringer Waldzither. Im Unterschied zur Irish Bouzouki hat sie noch eine Doppelsaite mehr; also insgesamt 10 Saiten. Hervorragende Spieler gibt es aktuell in der (natürlich) Thüringer Folk Formation Hüsch. Rein hören auf YouTube lohnt sich! Auch wenn wir selbst dieses Instrument (noch) nicht bei Jollicht verwenden, ist uns doch für unser Jollicht Folk—Archiv ein toller Fund gelungen: Eine original alte Postkarte des Waldzitherbauers Simon Kühmel (1861-1926) aus Finsterbergen. Dort verbrachte der Holzhauer, Musikant und Instrumentenbauer sein ganzes Leben. Zum Bau seiner Waldzithern verwendete er – nachhaltig/modern - in erster Linie einheimische Hölzer. Auf der Postkarte sehen wir Simon Kühmel als zweiten von rechts mit zwei weiteren Zitheristen, einem Geigenspieler und einem Gitarristen; alle in Thüringer Tracht.
Es gibt Volksmusiker der Vergangenheit, die hätte Jollicht furchtbar gerne einmal live gehört. So ging es uns, als wir in D. A. Schultes „Chronik von Ulm“, erschienen 1881, von einem höchst bemerkenswerten, freilich längst vergessenen schwäbischen Wirtshausmusikanten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgendes lasen: „Am 15. Oktober 1838 starb unerwartet im Hecht (ein Wirtshaus), 71 Jahr alt, eine ulmische Merkwürdigkeit, der ehemalige Wiblinger Klostermusikus Josef Hunger, gebürtig aus Schwendi, ein origineller Mann, der die Geige gut spielte und dazu in den Wirtshäusern sang. Sein Lieblingslied, zugleich seine Lebensphilosophie war damals in aller Munde: „Avarus plagt sich Tag und Nacht, um Schätze zu erwerben, und stirbt – wie er`s verdient – verlacht von seinen klugen Erben. Damit nicht schlauer Erben Tück es mir auch einst so mache: So lass ich ihnen nichts zurück, genieße selbst und lache.“ Hunger war ein harmloser Mann, der gern sein Gläschen Branntwein trank; doch wurde er von den bösen Buben viel verhöhnt, weil er das Pfeifen nicht leiden konnte.“ Soweit die Chronik. Phänomenaler weise findet sich in dieser auch ein Bild des Musikanten. Und siehe da: Josef Hunger hält seine Geige wie ein Nordamerikanischer Fiddle Player aus den Appalachen. Großartig!
Der freie Sonntag feiert in diesem Jahr 2021 sein 1700. Jubiläum. Am 3. März 321 n. Christus erklärte der römische Kaiser Konstantin in seinem Weltreich per Edikt den Sonntag zum allgemeinen Tag der Arbeitsruhe. Gerade auch für die vielen nicht professionellen Volkmusikerinnen und Volkmusiker in unserem Land ist der arbeitsfreie Sonntag ein hohes Gut. Wann sonst, könnten sie besser Zeit finden zum üben und gemeinsam musizieren. Deshalb war es für Jollicht keine Frage: Wir machen mit bei der Fotoaktion des kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) zum Erhalt des freien Sonntags!
Derzeit pausieren wir jedoch aus den bekannten Gründen von dieser liebgewonnen Angewohnheit.
Jollicht ist ständig auf der Suche nach interessanten Folknummern auch aus der näheren Umgebung. Mit in der Vorbereitung fürs Repertoire ist der Rieser Volkslied-Klassiker über einen Tanzbären: „Der Jakob hat koi Brot im Haus“. Passend dazu gab es im Jollicht Folk Archiv jüngst einen Neuzugang einer Originalphotographie aus dem nahen Dinkelsbühl aus dem Jahr 1928: Andreas Großtante zweiten Grades mit ihrer Freundin und einer Bärenführerin samt Tanzbär. Selbstverständlich kann man für diese armen Tiere nur Mitleid empfinden und Gott sei Dank gibt es heutzutage keine Tanzbären mehr im Ries. Aber die vielen bedauernswerten „Jackele“ der Vergangenheit haben es mehr als verdient dass ihr Schicksal musikalisch in Erinnerung bleibt. Jollicht leistet seinen Beitrag.
Wie in „über Jollicht“ zu erfahren, greift Andreas mit seiner Bouzouki das Spiel eines Cisterintruments nach über 300 Jahren Unterbrechung in Bayrisch Schwaben wieder auf. Über seinen Vorgänger berichtet der Historiker Hartmut Steger in seinem Aufsatz „Das Musikantenwesen im Ries und seine Geschichte“ (Wege der Volksmusik, Schriftenreihe der Museen des Bezirks Schwaben, Band 7, Gessertshausen 1992, Seite 8) folgendes: „Um 1680 musizieren in Nördlingen drei Stadtbürger „zur Kurzweil der Gäste“ in den dortigen Wirtshäusern. Sie bilden sozusagen eine erste nachweisbare Rieser Stubenmusik. Ihr Instrumentarium besteht aus einer kleinen Geige, dem „Diskant“, einer Zister und einem Sreichbaß. Das Triospiel klappt jedoch nicht so recht. Aus Futterneid wollen die anderen beiden den Zisterspieler nicht mitmachen lassen, obwohl nach dessen Worten „das Publikum auch einen Zitteristen gerne dulden und sehen möchte.“. Dieser „ Zitterist“ darf nicht mit einem Zitherspieler verwechselt werden. Letzteres Instrument hat sich erst mit dem beginnenden 19. Jahrhundert eingebürgert.“ Was für ein Glück für Andreas, dass Martin bei Jollicht einen „Zitteristen“ gern dulden und sehen möchte!
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